Dortmund gastiert zum Schlager in Leipzig

Die Abfuhr gegen Bayern München in der Liga hat Borussia Dortmund schnell verdaut, die Saisonziele haben sich durch die 2:4-Abfuhr kaum geändert. „Wir wissen, dass es noch ein paar Wochen gibt, in denen wir ein paar Dinge gutmachen können“, betonte Trainer Edin Terzic vor dem Gastspiel am Mittwoch (20.45 Uhr) im Viertelfinale des DFB-Pokals bei RB Leipzig. Allerdings möchte auch der Titelverteidiger aus Sachsen im Cup Selbstvertrauen für den Saisonendspurt tanken.Online seit heute, 12.33 UhrTeilen

„Wir haben immer gesagt, dass Borussia Dortmund um Titel spielen will. Und der DFB-Pokal bietet den kürzesten Weg“, sagte Terzic. „Es ist für uns diese Saison nicht einfach, weil wir bisher komplett auswärts spielen mussten. Aber wenn wir den Titel holen wollen, müssen wir auch schwere Aufgaben lösen“, sagte er vor der Reise nach Leipzig. Terzic gewann als Interimscoach 2021 mit Dortmund den Pokal durch ein 4:1 gegen Leipzig mit Trainer Julian Nagelsmann, wurde dann aber von Marco Rose abgelöst, den er wiederum nach einer Spielzeit beerbte und der heute RB-Trainer ist.

„Vor zwei Jahren den Pokal zu gewinnen, war unbeschreiblich, aber nicht vollständig. Weil unsere Fans nicht dabei waren“, sagte Terzic mit Blick auf das pandemiebedingt ohne Zuschauerinnen und Zuschauer ausgetragene Endspiel: „Das wollen wir dieses Jahr vervollständigen.“ Trotz der teilweise frustrierenden Leistung in München sieht Terzic auch „absolut keinen Grund, negativ oder pessimistisch in die nächsten Aufgaben zu gehen. Wir sind weiter eine der formstärksten Mannschaften in der Bundesliga und vielleicht in Europa.“Datenschutz-Einstellungen öffnen:Soziale Netzwerke vollständig anzeigen

Bis zum @dfb_pokal-Endspiel in Berlin sind es nur noch zwei Siege!
Und Siege gegen den @bvb, besonders zu hause, KÖNNEN WIR!#RBLBVB pic.twitter.com/LEaDcqnu2e— RB Leipzig (@RBLeipzig) 3. April 2023

Rose nimmt Leipziger „in die Pflicht“

Im Gegensatz zu den Leipzigern, die zuletzt drei Spiele hintereinander verloren haben. Der Krise sind sich Trainer und Spieler, die sich zu Wochenbeginn ohne ihren Coach ausgesprochen haben, durchaus bewusst. „Wir haben zu wenige Erfolgserlebnisse, entsprechend sind Stimmung und Atmosphäre“, sagte Rose. Die Lösung sei nun, die Dinge klar anzusprechen. „Die Mannschaft ist kein aufgeschreckter Haufen, der nicht weiß, wo hinten und vorne ist. Sie ist nicht in eine Depression verfallen“, betonte Rose.DFB-POKALSpielplan und Ergebnisse

Auf Erinnerungen an den Pokalsieg im vergangenen Mai will Rose zur Motivation verzichten. Das passe nicht zur Lage. „Ich muss die Mannschaft in die Pflicht nehmen“, sagte der 46-Jährige. „Nur schöne Bilder zeigen und daran erinnern zu lassen, wie cool alles war, das hilft uns nicht weiter“, sagte der ehemalige Salzburg-Trainer. Von der aktuellen Misere der Leipziger will sich Terzic nicht blenden lassen. „Für sie ist es wohl die einzige Chance, diese Saison einen Titel zu holen. Deshalb werden sie als Titelverteidiger alles tun, um ins Finale zu kommen“, sagte er. „Aber wir wissen, was wir tun müssen, um zu gewinnen.“

Stuttgart hofft auf Trainereffekt

Im zweiten Mittwoch-Spiel (18.00 Uhr) gibt Sebastian Hoeneß sein Debüt als Trainer des VfB Stuttgart. Der Tabellenletzte hat am Montag Bruno Labbadia entlassen, das Pokalspiel bei Zweitligist 1. FC Nürnberg ist für den 40-Jährigen der Start in eine schwierige Aufgabe. Hoeneß ist nach Pellegrino Matarazzo, dem Intermezzo des aktuellen Austria-Wien-Trainers Michael Wimmer als Interimslösung sowie Labbadia schon der vierte Coach der Schwaben seit Saisonbeginn.

„Es gibt natürlich einen Plan. Es ist aber extrem wichtig, dass wir mit einem gewissen Schuss Pragmatismus an die Sache rangehen“, sagte Hoeneß, der an die Qualität des Teams glaubt. „Dieses Spiel ist eine Riesenchance für uns als Club. Wir wollen dort einen nächsten Step in Richtung Berlin machen.“ In der Hauptstadt findet am 3. Juni das Endspiel statt. Ein weiteres – und wichtigeres – Ziel ist das Erreichen des Klassenverbleibs. Zwei Punkte beträgt der Rückstand des VfB auf den Relegationsplatz 16, jedoch schon fünf auf den rettenden 15. Rang.

Ein Viertelfinal-Aus im DFB-Pokal wäre für die Stuttgarter demnach kein Beinbruch. Dennoch gibt es für Nürnberg-Trainer Dieter Hecking keine Zweifel an der Rollenverteilung. „Ich glaube, dass der VfB Stuttgart morgen sehr, sehr viel zu verlieren hat. Wir können sehr viel gewinnen“, meinte der 58-Jährige. „Die Situation könnte uns bei entsprechendem Spielverlauf in die Karten spielen. Wenn wir es schaffen, Stuttgart auf ein gewisses Niveau runterzuziehen, dann sind wir nicht chancenlos.“

red, ORF.at/Agenturen

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„Wunderkind“ sorgt für Furore

Jungstar Summer McIntosh hat vergangene Woche die Schwimmwelt mit Fabelzeiten verblüfft. Innerhalb von fünf Tagen stellte die erst 16-jährige Kanadierin zwei neue Weltrekorde über 400 m Lagen sowie über 400 m Kraul auf. Die als „Schwimmwunderkind“ geltende McIntosh war anschließend selbst von ihren Erfolgen überwältigt: „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich das heute oder in ein paar Jahren erreichen werde.“Online seit heute, 15.42 UhrTeilen

McIntosh sagte nach ihrem zweiten Weltrekord bei den kanadischen Meisterschaften in ihrer Heimatstadt Toronto: „Es ist absolut unglaublich. Ich bin normalerweise kein emotionaler Mensch, aber heute wurde ich von meinen Emotionen überwältigt. Ich bin einfach so dankbar für jeden, der mir geholfen hat, mich an diesen Punkt zu bringen.“

Die Teenagerin verbesserte über 400 m Kraul die bisherige Bestmarke der Australierin Ariarne Titmus von 2022 um 0,32 Sekunden auf 3:56,08 Minuten. Die 400 m Lagen schwamm McIntosh in 4:25,87 Minuten, damit unterbot sie die bisherige Bestmarke der Ungarin Katinka Hosszu von Olympia 2016 in Rio gleich um 0,49 Sekunden.

Summer Mcintosh (CAN)
McIntosh schwamm in Toronto einen neuen Weltrekord über 400 m Lagen

„In den letzten Jahren habe ich alles reingesteckt, um die Beste zu sein, die ich sein kann“, erklärte die Kanadierin. „Seit ich elf Jahre alt war, habe ich gehofft, dass ich einmal einen Weltrekord schwimme. Dass ich es jetzt tatsächlich geschafft habe, das haut mich einfach um.“

Rasante Entwicklung

Auch ihr Trainer Brent Arckey war von den Leistungen beeindruckt: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin einfach superstolz auf sie. Sie ist eine der Besten, die ich je gesehen habe.“ McIntosh zog letzten Oktober von Toronto nach Florida, um ihr Training zu intensivieren und neue Reize zu setzen. Seitdem trainiert sie unter Arckey.

McIntosh gilt schon seit längerer Zeit als „Wunderkind“. Bereits mit 14 Jahren nahm sie an den Olympischen Spielen in Tokio teil. Als Vierte über 400 m Kraul verpasste sie eine Medaille dabei nur knapp. Bei der Weltmeisterschaft vergangenen Juni in Budapest sorgte die Teenagerin dann für Furore: Sie gewann Gold über die 200 m Delfin sowie über 400 m Lagen, über 400 m Kraul schwamm sie zu Silber und mit der 4×200 m Kraul-Staffel eroberte sie Bronze. „Es ging alles sehr schnell“, sagte sie über ihre rasante Entwicklung. „Jedes Mal, wenn ich an einem großen internationalen Wettkampf teilnehme, gibt es für mich noch so viel zu lernen.“

Kate Grimes (USA), Summer Mcintosh (CAN) und Emma Weyant (USA)
McIntosh holte WM-Gold über 400 m Lagen vor den beiden US-Amerikanerinnen Katie Grimes und Emma Weyant

Spaß trotz harten Trainings

Das Erfolgsrezept von McIntosh ist hart zu trainieren und dabei trotzdem Spaß zu haben. „Ich würde sagen, dass ich bisher in meiner Karriere wegen meiner Arbeitsmoral und meinem täglichen Einsatz so erfolgreich war. Ich bin jeden Tag bereit, alles zu tun, um mich in meinen Disziplinen zu verbessern“, erklärte sie im Februar gegenüber Olympics.com.

Wichtig sei ihr dabei, dass sie den Spaß am Training und am Schwimmen nicht verliert: „Bisher hat mir die tägliche Arbeit immer Spaß gemacht, und solange es mir Spaß macht, werde ich mich auch weiter verbessern“, so McIntosh. „Ich denke, der soziale Aspekt ist das, was mich wirklich durch die harten Trainingstage bringt. Mit meinen Teamkollegen zu scherzen ist das, was mich wirklich motiviert, jeden Tag ins Schwimmbad zu kommen und weiter hart zu arbeiten“, fügte die 16-Jährige hinzu.

Geprägt von Familie

McIntosh kommt aus einer sportlichen Familie. Ihre Mutter Jil Horstead war einst selbst eine erfolgreiche Schwimmerin und nahm an den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles über 200 m Delfin teil. „Ich habe von klein auf verstanden, was es für eine große Sache ist, es ins olympische Team zu schaffen“, erklärte McIntosh. „Für mich war es dann natürlich etwas ganz Besonderes, es in der gleichen Sportart wie meine Mama zu schaffen.“

Ihre ältere Schwester Brooke McIntosh ist eine Eiskunstläuferin. Die 18-Jährige gewann im Paarlauf mit ihrem Partner Ben Mimar u. a. Bronze bei den Junioren-Weltmeisterschaften und stand zuletzt auch erstmals bei einem Grand Prix der Erwachsenen auf dem Podest. Ihr großes Ziel ist die Qualifikation für die Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand.Datenschutz-Einstellungen öffnen:Soziale Netzwerke vollständig anzeigenView this post on Instagram

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Bevor sich Summer McIntosh fürs Schwimmen entschied und ihre Schwester Brooke für Eiskunstlaufen, probierten die Schwestern in ihrer Kindheit einige Sportarten aus, darunter Turnen und Fußball. „Das hat uns geholfen, viel über Körperbewusstsein, Flexibilität und unsere Stärken und Schwächen zu lernen“, erklärte Brooke und fügte hinzu: „Und ich glaube, es hat uns wirklich geholfen, uns als ganze Athletinnen zu entwickeln, nicht nur als Eiskunstläuferin oder als Schwimmerin.“

Zudem hilft es den Geschwistern, dass sie beide Sport auf Spitzenniveau betreiben: „Es ist immer schön, eine Person als Unterstützung zu haben, die wirklich versteht, was es bedeutet, eine Hochleistungssportlerin zu sein“, meinte Summer McIntosh. Auf die familiäre Unterstützung kann sich die 16-jährige Allrounderin jedenfalls auch in Zukunft verlassen.

Vanessa Breunig, ORF.at

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Hoffnung im Kampf gegen ewige Probleme

Seit sechzehn Monaten ist Roberto Gualtieri Bürgermeister von Rom, seine bisherige Bilanz ist durchwachsen. Die ewigen Probleme mit dem Müll und dem unzulänglichen öffentlichen Verkehr bestehen nach wie vor, wurden teils noch schlimmer. Doch die Zeit arbeitet für ihn: In den kommenden vier Jahren steht dem Sozialdemokraten ein Budget von 13 Milliarden Euro zur Verfügung, um die Stadt zu revitalisieren.Online seit heute, 6.17 UhrTeilen

Neben Geldern aus Italiens Nationalem Aufbau- und Resilienzplan (Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza, PNRR) kann die Stadt Mittel aus dem Postpandemiefonds der EU sowie Einnahmen für die Ausrichtung des katholischen Jubiläumsjahres im Jahr 2025 abrufen. Weitere sechs Mrd. Euro könnten fließen, wenn es Rom gelingen würde, die saudi-arabische Hauptstadt Riad auszustechen und den Zuschlag für die Weltausstellung 2030 zu erhalten.

„Wir führen das größte Investitionsprogramm des letzten Jahrzehnts durch, um die Stadt zu modernisieren“, sagte Bürgermeister Gualtieri dieser Tage in einem Interview mit Bloomberg. Ziel sei es, „nicht nur die Dienstleistungen der Stadt effizienter zu machen, was in den letzten Jahren etwas vernachlässigt wurde, sondern Rom auch an die Spitze punkto Digitalisierung, technologischer Innovation und Nachhaltigkeit zu bringen.“

Roberto Gualtieri
In medialen Analysen wird die bisherige Amtszeit Gualtieris als nicht sonderlich geglückt bezeichnet

Milliardenspritze für marode Metro

Mehrere Milliarden Euro sollen in die Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs in Rom fließen. Bis 2033 sollen die Verlängerung der drei U-Bahn-Linien und die Überarbeitung eines alten, bis dato nicht realisierten Projekts – die Errichtung einer vierten Linie – abgeschlossen sein. Gualtieri ist dabei sehr um die Zusammenarbeit mit Italiens rechter Regierung bemüht, wie die Onlinezeitung Il Post unlängst schrieb. Sowohl im Dezember als auch Anfang Februar besuchte Verkehrsminister Matteo Salvini die Baustelle der Metro C in Begleitung von Gualtieri.

Für die Bürgerinnen und Bürger Roms ist das fraglos ein erfreulicher Ausblick, derzeit überwiegt aber noch der Unmut: Aufgrund langwieriger und strukturell unerlässlicher Renovierungsarbeiten wurde die U-Bahn-Linie A mehrere Monate lang um 21 Uhr geschlossen, die Linie B ist das voraussichtlich noch das ganze Jahr. Das übrige Verkehrsnetz der Stadt ist zu kärglich, um den Ausfall kompensieren zu können.

U-Bahn-Station in Rom
Ärger über den öffentlichen Verkehr gehört in Rom zum Alltag

Kampf den Müllbergen

Weitere Finanzierungspläne Gualtieris sehen die Installation einer modernen 5-G-Infrastruktur für die ganze Stadt vor. Außerdem will er die Neugestaltung von Parks und historischen Gärten beauftragen und virtuelle Möglichkeiten für Touristen und Touristinnen schaffen, das reiche historische Erbe Roms zu erkunden. In den Niederungen der Politik schwelt aber sein größtes Reformprojekt, das gleichzeitig auch sein wichtigstes Wahlkampfversprechen war: die italienische Hauptstadt endlich von ihren Müllbergen zu erlösen.

Das Problem besteht seit vielen Jahren. Bis 2013 wurden die knapp 5.000 Tonnen Abfall, die damals täglich in Rom anfielen, auf die offene Deponie Malagrotta vor den Toren der Stadt gefahren. Dann musste Europas größte Mülldeponie schließen, sie widersprach allen EU-Normen und war restlos überfüllt. Ein neues Entsorgungskonzept lag aber nicht vor.

Der Großteil des Mülls wird seitdem in vier TMB (Trattamento meccanico-biologico; mechanisch-biologische Verarbeitung)-Anlagen nahe Rom gekarrt. Dort werden biologische Abfälle aussortiert, was übrigbleibt, wird zu Müllverbrennungsanlagen gebracht. Der Haken dabei: Rom verfügt über keine einzige einer solchen Anlage, der Müll muss in diverse Städte Italiens exportiert werden, bis vor fünf Jahren landete er teils auch in Österreich.

Wildschweine auf den Straßen

Als im Juni letzten Jahres eine der TMB-Anlagen auf dem Areal der ehemaligen Riesendeponie Malagrotta abbrannte, wallte der Müllnotstand wieder auf. Der Unrat kehrte auf die Straßen, zumindest außerhalb des Zentrums, zurück, und mit ihm die Wildschweine, die längst zur Plage geworden und mittlerweile zum Abschuss freigegeben sind.

Übergehende Mistkübel in Rom
Die Müllberge konnten bisher nicht aus Roms Stadtbild vertrieben werden

Noch ehe das Müllproblem im Sommer 2022 wieder eskalierte, versprach Gualtieri den Bau einer Müllverbrennungsanlage für Rom, um das Problem ein für alle Mal zu lösen. „Es ist Zeit, die Geschichte zu beenden, die schon viel zu lange dauert“, sagte Gualtieri, der rund eineinhalb Jahre auch italienischer Finanzminister war.

Das Vorhaben war lange Zeit umstritten, die Vorgängerverwaltung der Fünf-Sterne-Politikerin Virginia Raggi verweigerte den Bau und bekam dabei Unterstützung von Umweltverbänden: Primäres Ziel müsse stattdessen sein, den Anteil von Trennmüll zu erhöhen. Das Gegenargument lautet, dass die Abfallsituation in Rom so dramatisch sei, dass eine eigene Müllverbrennungsanlage die einzig mögliche Lösung darstelle.

Lasche Verwaltung als Bremsklotz

An mangelnden Geldern sollten Gualtieris weitreichende Pläne nicht scheitern, vielmehr droht ein weiteres altbekanntes Übel Roms: die Unzulänglichkeit, die im Haushalt vorgesehenen Mittel auch angemessen auszugeben. Das Problem hat mehrere Ursachen, vor allem aber fehlt es an qualifizierten öffentlichen Bediensteten, sprich: Viele Ämter machen ihre Arbeit nicht, schlecht oder langsam.

In seinem 2020 erschienenem Buch „Roma come se“ bezeichnet der ehemalige stellvertretende Bürgermeister der Stadt, Walter Tocci, die Stadtverwaltung als „nahe dem Kollaps“. Das Ergebnis beschreibt Tocci anhand der Stadtfinanzen Roms aus dem Jahr 2018: „545 Millionen Euro, etwa elf Prozent der Einnahmen, wurden nicht für laufende Ausgaben verwendet. Diese Summe, die in der Haushaltsprognose in vollem Umfang zur Verfügung stand, hätte es ermöglicht, die Dienstleistungen der Stadt zu erweitern und zu verbessern.“

Sollte es Gualtieri gelingen, hieß es in Il Post, den Verwaltungsapparat zum Funktionieren zu bringen und die bereits bewilligten oder zugesagten Mittel sinnvoll einzusetzen, bestünde die Hoffnung, die chronische Unzufriedenheit der Römer und Römerinnen mit ihrer Stadtregierung zu schmälern. Der Bürgermeister selbst ist optimistisch: Die „Konstellation der Sterne“ spreche dafür, dass eine Erneuerung der als unregierbar geltenden Stadt glücken werde.

aloh, ORF.at

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Warnung vor „Crash“ im Gesundheitswesen

Im österreichischen Gesundheitswesen droht ohne Reformen im Detail und im Großen ein „Crash“. Diese Warnung äußerten am Mittwoch Expertinnen und Experten und ergänzten: Ausbau der Versorgung und Neustrukturierung von Patientenverteilung, Leistungen und Finanzierung müssen jetzt schnell und in Kombination angegangen werden.Online seit heute, 14.38 UhrTeilen

Die demografische Entwicklung mit dem Altwerden der Babyboomer und zuletzt die Coronavirus-Pandemie haben offenbar zu einer starken Verschärfung von Engpässen, Personalproblemen und strukturellen Schwierigkeiten geführt, hieß es bei der Vorstellung des Jahrbuchs der Praevenire-Gesundheitsinitiative in Wien weiter.

Ein Beispiel sind Kinder- und Jugendgesundheit, und hier speziell die psychiatrische Versorgung, sagte der Leiter der Wiener Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Paul Plener. „Im Vergleich zu vor der Pandemie haben wir im vergangenen Jahr dreimal so viele Patienten nach Suizidversuchen zu versorgen gehabt“, so Plener.

Das Gesundheitswesen, so der Experte, müsse umfassend reagieren. Es brauche den Ausbau der ambulanten psychiatrischen Versorgung, mehr auf Krankenkosten bezahlte Psychotherapieangebote für Kinder- und Jugendliche und schließlich eine Verdoppelung der Zahl der stationären Betten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, um in Österreich auf einen „europäischen Standard“ zu kommen.

Report, 4.4.2023Medizinerflaute: Kein Ende in Sicht

Ruf nach Staatssekretariat für Kindergesundheit

Markus Wieser, Präsident der niederösterreichischen Arbeiterkammer (AK), verwies auf die Bedeutung der Rehabilitation im Bereich Kinder- und Jugendgesundheit. Hier habe es Fortschritte gegeben. Doch jetzt müsse man Eltern und Angehörigen von Kindern und Jugendlichen in diesen Einrichtungen durch bezahlte Freistellungen die Möglichkeit geben, diese auch in der Rehabilitation zu begleiten.

Wieser forderte die Einrichtung eines „Staatssekretariats für Kinder- und Jugendgesundheit im Gesundheitsministerium“ und eine „Kinder- und Jugendgesundheits-Milliarde“ an Budgetmitteln. Schließlich müsse man für die Angehörigen von kranken Kindern und Jugendlichen mit hohem Betreuungsaufwand auch den Begriff von „Sekundärpatienten“ als Folge der Belastungen schaffen und ihnen helfen.

„Betonwände zwischen den Sektoren“

Wesentlich, so die Experten, sei auch eine Neustrukturierung in der Patientenversorgung vom niedergelassenen bis zum stationären Bereich. Karl Lehner, Geschäftsführer der OÖ Gesundheitsholding: „Die Spitäler sind die Spitze der Pyramide des Gesundheitswesens. Wir müssen wesentlich mehr dafür sorgen, dass wir die Sektorengrenzen im Gesundheitswesen überschreiten. Wir haben Betonwände zwischen den Sektoren.“

Man könnte sich zum Beispiel viele Kosten und Ineffizienzen ersparen, wenn Spitalsambulanzen und niedergelassene Medizin aus einem Topf finanziert, geplant und gesteuert würden.

„Vom Bettendenken zum Funktionsdenken“

Drastisch formulierte den Reformbedarf Wilhelm Marhold, ehemals Chef der städtischen Wiener Spitäler: „Es vergeht kein Tag, an dem nicht Mängel im österreichischen Spitalswesen in den Medien aufscheinen. Es macht keinen Sinn, mit dem ‚Flammenwerfer‘ herumzugehen und einmal die Ärzteschaft, einmal die Krankenkassen anzugreifen. (…) Wenn wir so weitermachen wie bisher, fährt das System an die Wand.“

Für Marhold muss es dringend zu einer „Ambulantisierung“ eines großen Teils der tagesklinisch durchführbaren medizinischen Leistungen kommen. Der Fortschritt von Medizin und Technologie sei dringend in den Strukturen der Krankenhäuser abzubilden. Das erlaube auch ein Arbeitsumfeld, das den aktuellen Erwartungen von Ärzteschaft und Pflegekräften entspreche. „Wir müssen vom Bettendenken ins Funktionsdenken kommen“, forderte der Experte.

Verweis auf Arzneimittelengpässe

Die aktuellen Schwierigkeiten in der Arzneimittelversorgung schilderte Erwin Rebhandl, langjähriger Hausarzt in Oberösterreich und Gründer eines Primärversorgungszentrums: „Gerade in den vergangenen zwei, drei Wochen haben wir viele Streptokokken-Infektionen gehabt.“

Breitband-Antibiotika (Amoxicillin/Clavulansäure) seien nur noch via magistrale Zubereitung in den Apotheken zur Verfügung gestanden. Das eigentlich optimal passende Antibiotikum, Penicillin V, habe es nicht mehr gegeben.

Die Linzer Krankenhausapothekerin und Praevenire-Vorstandsmitglied Gunda Gittler forderte in diesem Zusammenhang gesetzlich verpflichtende Lagerhaltung: „Wir haben im intramuralen Bereich (Krankenhäuser; Anm.) gesetzlich verpflichtend Lager für 14 Tage zu halten. Unsere Vorlieferanten haben keine gesetzliche Verpflichtung.“

Deutlich gestiegene Ausgaben

Alexander Biach, Ex-Chef des damaligen Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und nunmehr Direktor-Stellvertreter der Wirtschaftskammer Wien, verwies auf die unterschiedliche Kostenentwicklung in den einzelnen Sektoren des Gesundheitswesens.

So seien die Ausgaben für die öffentlichen und die Ordensspitäler von 2012 bis 2021 um 41 Prozent gestiegen, die Aufwendungen für die Spitalsambulanzen aber um 105 Prozent, die Honorarkosten für die niedergelassenen Ärzte im Vergleich dazu um 48 Prozent.

Es sollte also sinnvoll sein, Ambulanzen und niedergelassenen Bereich gemeinsam zu finanzieren und zu planen, um ein Herumschieben von Patientinnen und Patienten bzw. von Leistungen wegen der unterschiedlichen Kostenträger (Spitäler: primär Bundesländer; niedergelassener Bereich: primär Krankenkassen) in Zukunft zu verhindern.

Etliche Forderungen an Politik

Zu der im Jahrbuch der Praevenire-Initiative für 2022/2023 enthaltenen Forderungen an die Politik gehört schließlich auch eine durchgehende Digitalisierung des Gesundheitswesens. Dazu kommt der Ruf nach einer verstärkten Vorsorge und Früherkennung, Neuordnung der Berufsrechte der Gesundheitsberufe, Konzentrierung von medizinischen Leistungen im Rahmen der Spezialisierung und Ausbau der Disease-Management-Programme für chronisch Kranke.

SOS-Kinderdorf schlägt Alarm

Auch SOS-Kinderdorf warnte am Mittwoch in einer Aussendung „vor den drastischen Auswirkungen einer eklatanten Mangelversorgung in der Kinder- und Jugendmedizin“ und rief zu raschem Handeln auf.

„Wir haben es aktuell mit einer dramatischen Lage zu tun, in der es viel zu wenige Kassenplätze gibt und die vorhandenen oft lange Zeit unbesetzt bleiben. Vor allem bei der psychosozialen Versorgung spitzt sich die Situation besonders zu“, erläuterte SOS-Kinderdorf-Geschäftsführer Christian Moser. Es brauche dringend mehr Aufmerksamkeit, Innovation und budgetäre Mittel von allen Seiten.

red, ORF.at/Agenturen

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Selenskyj und Duda zeigen Geschlossenheit

Die dritte Auslandsreise des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat ihn am Mittwoch nach Warschau geführt, wo er mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda zusammentraf. Bei seinem Besuch hat sich Selenskyj vor allem für die Hilfe Polens im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bedankt – und gleichzeitig von einer Zukunft mit offenen Grenzen zwischen Polen und der Ukraine gesprochen.Online seit heute, 16.25 UhrTeilen

Besonders in den ersten Tagen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hätten die grenznahen Orte in Polen „ihre Türen geöffnet, und es gab keine Grenzen zwischen uns“, sagte Selenskyj. Das sei der Anfang dafür, dass es in Zukunft keine Grenzen mehr zwischen den Nachbarländern geben werde.

„Keinerlei Grenzen in politischer, wirtschaftlicher und – besonders wichtig – in historischer Hinsicht“, betonte der 45-Jährige mit Blick auf die schwierige ukrainisch-polnische Vergangenheit. In weiterer Folge dankte Selenskyj Duda und den Polen für die gewährte Hilfe „auf dem schwierigen Weg zu unserem Sieg“. Ukrainische Flüchtlinge könnten sich dank der Menschen in Polen in ihrem Nachbarland „wie zu Hause fühlen“ und seien nicht nur Gäste.

Selenskyj sieht Polen auch als einen Schlüsselpartner, wenn es zu einem Wiederaufbau seines Landes nach Ende des russischen Angriffskriegs kommt, und lud daher polnische Firmen ein, bereits vor Ende des Kriegs in der Ukraine tätig zu werden, um ihre Positionen im Markt zu verbessern.

Volodymyr Zelensky und Andrzej Duda
Beim Empfang trug Selenskyj einen schwarzen Pullover mit dem ukrainischen Dreizack

Polen mit meisten Kriegsflüchtlingen

Polen hat nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) rund 1,6 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der benachbarten Ukraine aufgenommen, so viele wie kein anderes Land der Welt. Ein Großteil der Unterstützung für die Geflüchteten wird dabei seit den ersten Kriegstagen von Bürgerinitiativen und Privatpersonen getragen.DEBATTEWie könnte das Ende des Ukraine-Krieges aussehen?

Das EU- und NATO-Land Polen macht sich außerdem immer wieder für westliche Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine stark. Bei der Frage der Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 setzte Polen die deutsche Bundesregierung lange unter Druck, diese willigte schließlich ein. Zudem hat Polen eine wichtige Funktion als logistische Drehscheibe für die militärische Unterstützung aus dem Westen.

Weitere Kampfflugzeuge für die Ukraine

Polen ist nach eigenen Angaben außerdem dazu bereit, sämtliche MiG-29-Kampfjets im eigenen Bestand an die Ukraine abzugeben. Warschau werde „in Zukunft in der Lage sein, seine gesamte MiG-Flotte“ aus etwa 30 Flugzeugen an Kiew zu übergeben, „sofern die NATO-Verbündeten zustimmen“, sagte Duda. Polen hat Kiew bereits acht seiner in der Sowjetunion hergestellten MiG-29-Jets geliefert.

Bisweilen würden weitere MiG-29 aber vorerst noch im Dienst der polnischen Streitkräfte bleiben, so Duda. Erst wenn sie sukzessive durch moderne Kampfjets ersetzt würden, die Polen bereits in Südkorea und den USA bestellt habe, könnten auch diese Maschinen der Ukraine überlassen werden. Neben Polen hat bereits die Slowakei vier MiG-29 an Kiew abgegeben.

TVP, 5.4.2023Selenskyj in Polen

Selenskyj: „Lage in Bachmut sehr, sehr schwer“

Bei seinem Besuch in Polen kam der ukrainische Präsident auch auf die ostukrainische Stadt Bachmut zu sprechen. Seiner Einschätzung nach sei die Lage dort „sehr, sehr schwer“. „Dort wird die größte Zahl verschiedener Waffen wie Artillerie eingesetzt“, sagte Selenskyj. Die Situation hinsichtlich verfügbarer Munition ändere sich täglich und die ukrainischen Truppen kämpften mit unterschiedlichem Erfolg.

„Doch wir befinden uns in Bachmut, und der Feind kontrolliert Bachmut nicht“, unterstrich Selenskyj. Er widersprach damit auch jüngsten Äußerungen aus Moskau. Der Chef der in Bachmut kämpfenden Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hatte behauptet, seine Einheiten hätten Bachmut „rechtlich“ eingenommen, weil sie das Gebäude der Stadtverwaltung kontrollierten. „Umso mehr Munition in die Ukraine gelangt, um so schneller werden wir die Lage nicht nur in Bachmut, sondern auf dem ganzen Territorium unseres Staates klären“, so Selenskyj.

Seit dem Spätsommer versuchen russische Truppen Bachmut im Gebiet Donezk einzunehmen. Der Großteil der Stadt und Teile des Zentrums stehen bereits unter russischer Kontrolle. Im Westteil der Stadt mit ehemals 70.000 Einwohnern leisten die ukrainischen Einheiten jedoch weiter hartnäckigen Widerstand. Russland ist vor mehr als 13 Monaten in die Ukraine einmarschiert.

Auszeichnung für Selenskyj

Am Rande des Besuchs verlieh Duda Selenskyj die höchste Auszeichnung des Landes, den Orden des Weißen Adlers. Er erhalte den Orden für seine Verdienste um die Vertiefung der polnisch-ukrainischen Beziehungen, seinen Einsatz für die Sicherheit sowie für die Verteidigung der Menschenrechte, sagte Duda in seiner Würdigung.

Volodymyr Zelensky empfängt Ehrung von Andrzej Duda
Selenskyj nimmt in Begleitung seiner Frau Olena Selenska den Orden des Weißen Adlers von Polens Präsident Duda entgegen

Dritte Auslandsreise seit Kriegsbeginn

Selenskyj ist seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 bisher nur sehr selten ins Ausland gereist. Im Februar hatte er London, Paris und Brüssel besucht. Die erste Reise hatte ihn im Dezember nach Polen und in die USA geführt.

red, ORF.at/Agenturen

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UKRAINE-KRIEG

Selenskyj erinnert in Butscha an Massaker

Belarus-Ankündigung: UNO warnt vor atomarer Eskalation

Russland erklärt Westen zur „existenziellen“ Bedrohung

Xi will politische Lösung – steht aber zu Putin

Finnland tritt NATO „in kommenden Tagen“ bei

INLAND

SPÖ: Favoritentrio lieferte Unterstützungserklärungen

Innenministerium: Mehr russische Cyberangriffe seit Kriegsbeginn

Pilotprojekt zu digitalem Schülerausweis gestartet

Wien Energie: Ludwig rechtfertigt Vorgehen

Ermittlungen wegen Jobausschreibung bei Ried Energie

Klimapolitik: Zwischen Kultur- und Wahlkampf

ZIB100

Als erster Ex-Präsident der USA: Donald Trump wird angeklagt

CORONAVIRUS

Ischgl: Ermittlungen endgültig eingestellt

Lead Horizon kontert auf Klage und will 1,42 Mio. Euro

Wer sich nun impfen lassen sollte

AUSLAND

Ohio-Zugunglück: US-Justizministerium klagt Zugbetreiber

Bericht: Rassismus und Sexismus in englischer Feuerwehr

WIRTSCHAFT

Türkei-Beben: Nahrungsmittelproduktion ging stark zurück

Inflation im März laut Schnellschätzung deutlich gesunken

Antiteuerungshilfen belasteten Staatshaushalt 2022

Virgin Orbit entlässt fast alle Beschäftigten

EU

Ermittlungen wegen Gratisflügen von Beamten

SPORT

„Gemetzel“ gegen Bundesliga-Abstieg wird eröffnet

Syrer Jarkas führt Österreich in Rugby-WM-Quali

Melbourne-Auftakt in Formel 1 mit Panne und Regen

Mein Bundesland

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CHRONIK

Ex-Sprintstar Oscar Pistorius muss in Haft bleiben

Rund 120 Waldbrände in Spanien – Brandstiftung vermutet

I: Zwei Kilo schwerer Tumor aus Leber eines Babys entfernt

Verfahren gegen Musikschullehrer eingestellt

Leichte Schäden nach Erdbeben im Raum Gloggnitz

Flucht nach Überfall auf Juwelier in NÖ

2,48 Promille: Frau hatte ungesicherte Kinder im Auto

Motivsuche nach tödlicher Messerattacke

GESUNDHEIT

Salzburger erhielt Hinterhauptprothese aus 3-D-Drucker

Kindergartenessen in Wien nun auch rein vegetarisch

RELIGION

Vatikan rechnet mit Papst bei Palmsonntag-Messe

KULTUR

Scorsese und DiCaprio mit neuem Film in Cannes

Brünn bekommt Milan-Kundera-Bibliothek

LEUTE

Houellebecq zu Sexfilm: „Das Dümmste, das ich je getan habe“

Einfache Sprache

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Nach langem Zuwarten: Erster Planica-Bewerb abgesagt

EISHOCKEY

Kasper winkt NHL-Debüt für Detroit

Boston sichert sich in NHL Presidents’ Trophy

Chefcoach Habscheid verlässt Pioneers Vorarlberg

Spielstände im ICE-Halbfinale ab 19.15 Uhr

FUSSBAL

Barca-Vizepräsident bestätigt Kontakt mit Messi

Topspielerin Renard zurück in Frankreichs Nationalteam

Brasilien will sich für Frauen-WM 2027 bewerben

Spielstände in internationalen Ligen ab 18.30 Uhr

BUNDESLIGA

Spielstand bei Hartberg – Lustenau ab 19.30 Uhr

2. LIGA

Spielstände der 21. Runde ab 18.10 Uhr

BASKETBALL

Celtics gewinen NBA-Spitzenspiel gegen Bucks klar

TENNIS

Wimbledon lässt Russen unter Auflagen wieder zu

Titelverteidiger Alcaraz in Miami im Halbfinale

GOLF

Holpriger Start von Straka und Schwab in Texas

RADSPORT

Friedrich beendet nach schwerem Unfall Karriere

BIATHLON

Weltcup 2023/24 auch in Lenzerheide und Übersee

OLYMPIA

Ukrainer treten in Paris-Quali nicht gegen Russen an

CHRONIK

Ex-Sprintstar Pistorius muss in Haft bleiben

Biden empfing NFL-Profi Hamlin im Weißen Haus

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Eine Staatsoperette mit Beinschab-Tool

Eine Staatsoperette mit Beinschab-Tool teilenKritikKulturBühne

17. Januar 2023, 15:03 Uhr

Wie wäre die Welt, wenn Wunschumfragen und Wunschfragestellungen der Politik in einer Gesellschaft Wirklichkeit würden? Es könnte genau so aussehen wie im 19. Jahrhundert – oder im Österreich der späten 2010er Jahre. Regisseur Nikolaus Habjan hat jedenfalls das in Österreich ohnedies nicht mehr zweifelsfrei erkennbare Spiel zwischen Realität und Satire auf die Bühne des Theaters an der Wien gebracht. Jacques Offenbachs Opera buffa „La Périchole“ wird bei ihm zur Staatsoperette mit Beinschab-Tool.Gerald Heidegger

Wo sind die Zeiten hin, da Volkskomödie und Kabarett die vierte Säule für Kritik und Kontrolle im Staate waren? Die Zeiten sind gar nicht so fern, wenn man ein bisschen über-, vielleicht aber auch unterzeichnet oder einfach nur deutlich würde, dachte sich wohl Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan, der den Auftrag hatte, Offenbachs leichte Oper „La Périchole“ mit (ziemlich) adaptierter Karl-Kraus-Übersetzung in die Gegenwart des Theaters an der Wien im Museumsquartier (MQ) zu bringen.

Szene aus „La Perichole“
Don Pedro und die zwei Advokaten auf der Plaza de la Corrupción: „Lima darf nicht Wien werden“

Lima darf nicht Wien werden

„Freie Zensur“ heißt das Hauptmedium bei ihm im Staat, der freilich nicht Österreich ist, sondern, wie im Original verlangt: Peru, das aber, so steht schon am Beginn in der Ästhetik bekannter Wahlplakate zu lesen, nicht Österreich werden dürfe. Dafür soll ein Vizekönig (Alexander Strömer) sorgen, der das Land regiert, sich aber eigentlich noch mehr für die schönen Frauen im Staat interessiert. Ein Schelm oder eine Schelmin, wer da an einen Vizepolitiker in Österreich denkt, wobei das mit dem An-Querbezüge-Denken in dieser Inszenierung so eine Sache ist, hat die feine Klinge doch etwas von einem Holzhammer, der jeden Gag durch die Manege treibt.

Warum aber mal nicht teilhaben an einem Operettenabend, bei dem die Ästhetik und Assoziationssprache direkt aus den Franz-Nowotny-Filmen „Exit I“ und „Exit II“ geborgt scheint – und die in jedem Fall überzeugender funktioniert als eine Gesellschaft aus altem Geld. Operette als Ventil und Medium der Selbstsatire, das konnte im 19. Jahrhundert schon niemand besser als der nach Paris gegangene Kölner Offenbach.00:10Dieses Video ist nicht mehr verfügbar

„La Périchole“ im Theater an der Wien

Wir spielen Staat

Der Vizekönig von Peru regiert sein Land eigentlich so, wie es sich auch auf anderen Terrains Politikerinnen und Politiker vorstellen: Man spielt den funktionierenden Staat und fühlt sich in ihm wohl. Oder hat sich in ihm wohl zu fühlen. So trifft der Vizekönig in Verkleidung auf ein Volk, wie es sich jede Landeshauptfrau oder jeder Landeshauptmann vorstellen würde. Auf die Frage: „Wie finden Sie die Regierung?“ kommt die Antwort: „Hervorragend. Besonders die Minister, einer besser als der andere!“

Szene aus „La Perichole“

Für die Message-Control in Peru sorgen zwei Akteure im Hintergrund: Don Pedro, verkörpert von Gerhard Ernst, der nicht von ungefähr Fleischlaberl im Staat zu verteilen hat, soll er doch aussehen wie der beliebte Fleischhauer aus der Fernsehwerbung, den er ja so überzeugend verkörpert hatte. Panatellas (Boris Eder) hat wieder die Funktion, die Narrative im Staat zu steuern – und dem Vizekönig vorzuspielen, alles im Lande funktionierte.

Doch der Vizekönig hat ja ein Leben neben dem Staat – und so verliebt er sich just in der gespielten Szenerie in eine schöne Blondine mit nicht komplett vollendeter Pediküre. Périchole, das hungrige Mädchen aus der Unterschicht (Anna Lucia Richter), die mit ihrem Herzensgeliebten Piquillo (David Fischer) unterwegs ist, kommt in die Versuchung der „Dreigroschenoper“ und zieht dann doch das Fressen der Moral vor, wie sie auch in der Tonlage des 19. Jahrhunderts singt: „Welche Leidenschaft kann man erwarten/Wenn man sich liebt und dabei vor Hunger stirbt?“

Szene aus „La Perichole“

Offenbach und die neue Herzensbildung

Am Ende setzt sich bei Offenbach ja die Herzensbildung durch. Nicht im Geist Rousseaus, sondern aus der Veränderung der Publikumsschichten des 19. Jahrhunderts: Die von unten sind bei ihm auch mal dran beim Happy End, das bis dahin nur den hohen Ständen vorbehalten war.

„La Périchole“ ist noch am 18., 22., 25., 29. und 31. Jänner im MusikTheater an der Wien im MQ zu sehen.

Bei Habjan endet alles in einer Form der Staatsoperette und vor den „Seitenblicken“ des Sender PRF, womit wohl das öffentlich-rechtliche peruanische Fernsehen gemeint sein darf. Vor laufender Kamera gibt der Staatschef den Herzensmenschen und wird dabei von einem Häftling in Puppengestalt beobachtet, der sein graues Haar nur ungenügend hinters Ohr kämmen kann. Nur noch zwölf Jahre habe er abzusitzen, sagt eine in der Intonation unverkennbare Stimme.

Niederschwellig, flott, derb

Der Altherrenwitz ist fast beseitigt aus dieser Operette, die über alle Teile hinweg das ist, was sie sein will: eine große Staatsklamotte, die in Teilen eine bekannte Realität überholt, dabei aber immer im Geschwindigkeitswettkampf mit der Realität steht. Offenbach, der Meister des Tempos, ist das ideale Triebmittel für diese Form der Auseinandersetzung, die beste Volksoper und bestes Volkstheater ist: niederschwellig, flott – und eben auch derb. Wenn sich der Bauer als Millionär in anderen Häusern in teuren Sakkos tarnt, so kommen die Akteure der Staatsoperette hier zu sich. Eine „Fledermaus“ mit ganz vielen Fröschen hat die APA zu Recht in dieser Aufführung gesehen. Und wenn man einen Don Pedro als Hofbauer hat, dann setzt man ihn genau so ein, dass er jede Arie nach dem Fleischlaberl ins Couplet überführt – „haaaa-looo!“.

Das ORF Radio-Symphonieorchester unter Jordan De Souza agiert mit großer musikantischer Freude und der Lust am Ausritt, wenn die Abweichungen von der Vorlage bis hin zu „Careless Whispers“ gehen. Manchmal, so weiß auch die Regie, liegen die Pointen auf der Straße – und man darf sie wohl aufheben. Grandios in dieser Anforderung: Der Arnold Schönberg Chor, der sängerisch, tänzerisch und komödiantisch das Tempo dieser Inszenierung prägt. „So sind wir nicht“, singt man am Ende – und weiß in der Stadt an der schönen blauen Donau, dass wohl eher das Gegenteil stimmt.

Gerald Heidegger, ORF Topos

Sendungshinweis: ZIB 1, 14.01.2023

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Vom Zollfreihafen zurück ins Museum

Vom Zollfreihafen zurück ins Museum teilenZeitgeschichteKulturBildende Kunst

29. Januar 2023, 19:30 Uhr

Zuletzt hat „Wasserschlangen II“, das teuerste Bild Gustav Klimts, rund um einen Kunsthandelsprozess mit Beteiligung des russischen Oligarchen Dmitri Rybolowlew Schlagzeilen gemacht. Nach 59 Jahren ist es erstmals wieder in Wien im Rahmen einer Ausstellung im Belvedere zu sehen, wie die ZIB berichtete.Florian Baranyi

„Wasserschlangen II“ (1904-1907), ein Ölbild von 80 mal 145 Zentimetern, ist ein Hauptwerk aus Klimts goldener Periode. Die Deutung – eine symbolische Darstellung weiblicher Homosexualität wurde immer wieder diskutiert – fiel nicht nur den Zeitgenossen des Fin de Siècle schwer. Insgesamt war Klimt ein Unverstandener, wie es auch die Populärkultur bis heute nachzeichnet – von Raúl Ruiz’ „Klimt“ (2006), in dem John Malkovich den streitbaren Maler gab, bis hin zu der in diesen Tagen auf Deutsch erscheinenden Graphic Novel „Klimt“ von Jean-Luc Cornette und Marc-Renier, deren Handlung genau zur Fertigstellungszeit der „Wasserschlangen II“ einsetzt.

Über Deutungen dieses Werkes kann man sich ab Freitag jedenfalls wieder informiert unterhalten, wenn das Bild erstmals seit fast 60 Jahren wieder in Österreich öffentlich in der Belvedere-Schau „Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…“ zu sehen sein wird. Dann lassen sich auch Details beobachten, auf die Stefanie Jahn, Leiterin der Restaurierung im Belvedere hinweist, wie etwa, dass Klimt bei den „Wasserschlangen II“ dieselbe Goldtechnik wie im „Kuss“ angewendet und Gold-, Silber- und Platinblättchen eingearbeitet hat (siehe Video oben).

Ausschnitt aus dem Gemälde, auf dem bunte Blumen, Fische und Ornamente zu sehen sind
Klimts „Wasserschlangen II“ (Detail): Das Gemälde stammt aus der Phase, in der Klimt mit Edelmetallen experimentiert hat, das sehe man an den Details, sagt Belvedere-Restauratorin Stafanie Jahn.

In den letzten Jahrzehnten „Wasserschlangen II“ eine Geschichte durchgemacht, die emblematisch für den Umgang mit Kunst im 20. Jahrhundert steht: vom Raubkunstfall zum Spekulationsobjekt. Bis Oktober 1938 war das Bild im Besitz von Jenny Steiner. Die Sammlung der Förderin Klimts wurde wie ihr gesamtes Vermögen „arisiert. Die „Wasserschlangen II“ landeten über einen Kunsthändler im Besitz des NS-Propagandafilmregisseurs Gustav Ucicky, angeblich ein unehelicher Sohn Klimts. Dessen Witwe Ursula Ucicky stellte das Bild 1964 letztmals für die Ausstellung „Wien um 1900“ zur Verfügung.

Ausstellungshinweis:
„Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…“ ist von 03. Februar bis 29. Mai 2023 im Wiener Belvedere zu sehen.

Vom Privatverkauf zur „duty-free art“

Lange Zeit war unbekannt, dass sich das Gemälde weiterhin in Ucickys Besitz befand – bis diese es 2013 unter Vermittlungshilfe von Peter Weinhäupl, damals kaufmännischer Direktor des Leopold Museums, um 112 Millionen Dollar (rund 103 Mio. Euro) über einen vom Auktionshaus Sotheby’s abgewickelten Deal verkaufte. Die Hälfte des Erlöses musste der Erbgemeinschaft Steiners abgegeben werden, damit diese im Gegenzug auf ihre Ansprüche verzichtete.

Wie erst später publik wurde, verkaufte der Käufer Yves Bouvier das Gemälde unmittelbar um 183,8 Millionen Dollar (rund 169 Mio. Euro) plus einer Provision von 3,7 Millionen Dollar (rund 3,4 Mio. Euro) an den russischen Oligarchen Rybolowlew weiter. Die „Wasserschlangen II“ waren dabei nur eines der 37 Bilder, die Bouvier, der zwei Lagerhallen in Zollfreihäfen betrieb, um die Kunstwerke dort zu lagern, Rybolowlew mit einem gehörigen Aufschlag weiterverkaufte, ohne diesem zu sagen, dass er der Besitzer der Werke war – er gab sich nur als Zwischenhändler aus.

Zurück in die Öffentlichkeit

Insgesamt erhielt Bouvier von Rybolowlew über zwei Milliarden Dollar, das teuerste Bild dieser Transaktionen war Leonardo da Vincis „Salvator Mundi“, das Rybolowlew für 450,3 Millionen Dollar (rund 414,7 Mio. Euro) nach Saudi-Arabien weiterverkaufte. Auch die „Wasserschlangen II“ wechselten um 170 Millionen Dollar (rund 156,6 Mio. Euro) wieder den Besitzer. Die rechtlichen Streitigkeiten rund um diese Verkäufe sind noch immer nicht beigelegt.

Eine Person im Dunkeln betrachtet das beleuchtete Gemälde, das auf einer Staffelei steht
Raubkunst, Spekulationsobjekt und jetzt zurück in der Öffentlichkeit: Die „Wasserschlangen II“

Die Kunsttheoretikerin und Künstlerin Hito Steyerl las diese Entwicklung am Kunstmarkt – eine kleine Gruppe von Superreichen, Investoren und Händlern entzieht Kunstwerke der Öffentlichkeit in eine unkontrollierte Sphäre der zollfreien Lagerhallen – als kulturanalytisches Zeichen: Die Kunst werde in den Zollfreilagern von ihrem Zweck als Teil einer kulturellen Identität befreit, aber sie sei dann keineswegs zweckfrei. Ihre Aufgabe ist es, zum „Asset“, zum Vermögenswert zu werden.

Der derzeitige Besitzer dürfte im Klimt-Bild erfreulicherweise mehr sehen als ein Anlageobjekt. Waren die „Wasserschlangen II“ zuletzt im Amsterdamer Van Gogh Museum im Rahmen von „Golden Boy Gustav Klimt“ zu sehen, wandert die gemeinsam mit dem Belvedere entwickelte Ausstellung, die Klimt dessen wesentlichen Vorgängern gegenüberstellt, unter dem Titel „Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…“ nach Wien.

Florian Baranyi (Text), ORF Topos, Tatjana Berlakovich (Gestaltung), ORF TV-Kultur, Bernhard Höfer (Kamera), Paul Krehan (Schnitt), beide für ORF Topos

Sendungshinweis: ZIB 1, 29.01.2023

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Mozarts „Netflix-Buster“

Mozarts „Netflix-Buster“ teilenKulturBühneMusik

11. März 2023, 17:54 Uhr

War es das unerhörte Revolutionsstück, weil es allen Ständen gleiche Rechte zusprach? Oder ist es genau das Stück für unsere an digitalen Unterhaltungsplattformen geschulte Zeit, eine rasche Achterbahn zwischen Drama und Komödie, Eifersucht und Eitelkeit? Regisseur Barrie Kosky deutet für die Wiener Staatsoper Mozarts „Le Nozze di Figaro“ jedenfalls nicht als Gesellschaftsaufstand – sondern als Stück genau für die Gesellschaft der Gegenwart, obwohl das Dekor sehr klassisch wirkt.Gerald Heidegger

Ist es das Revolutionsstück, das die Geschehnisse von Paris 1789 drei Jahre im Vorhinein vorausahnte? Ist es das große Stück Aufklärung, das die Heirat aus Liebe gegen alle Verhaltensnormen des Adels des 18. Jahrhunderts stellte? Oder ist es einfach eine große Commédie humaine, in der alle Regungen des zwischenmenschlichen Lebens im Eiltempo ausgestellt werden, ohne dass darin Wertungen oder Moralismen enthalten sind? Geht man nach dem australischen Regisseur Barrie Kosky, dann ist die Oper aller Opern, „La Nozze di Figaro“, drittes, wie der Regisseur im Vorfeld sagte: „Es gibt drei große geniale Gestalter des menschlichen Dramas, die nie werten, aber immer das Lachen auch mit dem Weinen sehen und die Tragödie auch immer im Licht der Komödie: Das ist Shakespeare, das sind Mozart und Da Ponte und das ist schließlich Tschechow.“ Alle drei Autoren seien in der Lage, die Abgründe des menschlichen Lebens in ein Stück zu packen – und sie wüssten, dass alles, was „an einem Tag wie das Glück aussieht, am anderen Tag schon wieder eine andere Wendung nehmen kann.“

Hör- und Seh-Hinweise

ORF 2 zeigt am Freitag, 17.3., 21.20 Uhr, live-zeitversetzt, die gefeierte Inszenierung von „Le Nozze di Figaro“ aus der Wiener Staatsoper.

„La Nozze die Figaro“ komplett zum Nachhören in Ö1

„Mozart schafft immer einen Mikrokosmos, an dem er die großen allgemeinen Themen zeigt“, sagt Barrie Kosky

Und so macht der Regisseur, wie man ab Samstag in der neuen Inszenierung dieses Klassikers im Repertoire der Wiener Staatsoper erleben kann, aus dem Haus auf dem Ring ein „House of Kosky“, in der dieser Klassiker funktioniert wie eine Netflix-Serie. Und in die der Guckkasten auf der Bühne wie ein Zitat hineingeschoben wird. Alles sieht hier sehr klassisch aus – und doch ist dauernd ein Spiel im Spiel, auch eines mit den Konventionen von Theater, aber auch von modernen Serienformaten.00:10Dieses Video ist nicht mehr verfügbar

„Le Nozze di Figaro“: Rasanter Liebesreigen


Die Besetzung des neuen Wiener „Figaro“

Graf Almaviva: Andrè Schuen
Gräfin Almaviva: Hanna-Elisabeth Müller
Susanna: Maria Nazarova (eingesprungen für die erkrankte Ying Fang)
Figaro: Peter Kellner
Cherubino: Patricia Nolz
Bartolo: Stefan Cerny
Basilio: Josh Lovell
Antonio: Wolfgang Bankl
Barbarina: Johanna Wallroth

Musikalische Leitung: Philippe Jordan
Inszenierung: Barrie Kosky
Bühne: Rufus Didwiszus
Kostüme: Victoria Behr
Licht: Franck Evin
Bühnenbildassistenz: Jan Freese

03:33

Bogdan Roščić über die Wurzeln von Mozarts „Figaro“

Eine Oper wie ein Serienformat

Würde man die Oper in zehn Kapitel statt den darin stattfindenden Akten zerteilen, man würde in der Beschreibung dieser zehn Kapitel so etwas wie die Punchlines einer Miniserie für Digitalplattformen erkennen können. Da will der bürgerliche Figaro seine Susanna heiraten – doch die besondere Lage des Zimmers der beiden gleich neben den Gemächern des Grafen erregt Verdacht. Das „Recht der ersten Nacht“, das der Graf eigentlich abschaffte, soll just hier wiederum zum Einsatz kommen.

Das war die Premiere:

Die Premiere am Wochenende wurde zum großen Erfolg – und das, obwohl die als Susanna besetzte Sopranistin Ying Fang nur wenige Stunden vor der Vorstellung einen Stimmbandblutung erlitt und nicht einen Ton singen konnte. Gerettet wurde der Abend schließlich von Einspringerin Maria Nazarova, die den musikalischen Part der Rolle bravourös aus dem Orchestergraben bestritt – während Fang die anspruchsvolle schauspielerische Arbeit inklusive stummer, lippensynchroner Mimik ablieferte. Mehr zur Kritik von Sophia Felbermair in ORF.at.

Szenen einer Ehe im Hause Almaviva: Hanna-Elisabeth Müller und Andrè Schuen

Und mit einer Gegenverschwörung und ausreichend Personal sollen diese Absichten des Grafen aufgedeckt werden. Die Handlungen dieses Spiels von Hinterhalt, Überlistung, Eifersucht und vermeintlicher Ehre sind mittlerweile hinlänglich bekannt – und doch wird in Wien diese Oper so erzählt, dass sie sich mit neuer Spannung auflädt, die nicht zuletzt über die Musik Mozarts getragen wird.

Eitelkeit trifft Eifersucht: Schon zu Beginn tritt die Netflix-Welt in die Guckkastenwelt

Man darf keine Angst haben, ein Lächeln in den Tränen zu finden und Tränen im Lächeln.

Regisseur Koskys Leitsatz

Mozart, der mit seinem Librettisten Lorenzo Da Ponte diese Oper in gerade einmal sechs Wochen in einer raschen Schreib- und Komponierarbeit auf der Vorlage des Stücks „La Folle Journée ou le Mariage de Figaro“ („Der tolle Tag oder Die Hochzeit des Figaro“) von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais aus dem Jahr 1778 erarbeitet hatte, dachte in dem, was Filmregisseurinnen und -regisseure so gerne Kadrierung nennen. Eigentlich hatte er die optischen Szenen im Kopf – und komponierte schon zum Ende des zweiten Aktes jenes berühmte Finale, das zum Anfangsduett ständig Personal mit auf die Bühne bringt, bis sich alle Konflikte und Spannungen als Gesamtensemblenummer entladen. Doch da man eben erst am Ende des zweiten Aktes ist, kann das dann doch nur ein Cliffhanger für die weiteren zwei Akte sein.

Patricia Nolz als Cherubino im Boudoir der Gräfin Almaviva (Hanna-Elisabeth Müller), gemeinsam mit Susanna (Ying Fang), die um ihre Liebesheirat mit Figaro kämpfen muss

Unterteilte man diese Oper, die sich aus einer Ouvertüre und 29 Musiknummern zusammensetzt, in weitere Einheiten, könnte man statt der Akte auch die Perspektivierung des Geschehens auf die verschiedenen Charaktere umwälzen, wie es jedes moderne Serienformat tut. Denn auch bei Kosky sieht die Oper aus der Perspektive der Cherubino anders aus als etwa beim Grafen Almaviva.01:37

Dirigent Philippe Jordan über die musikalische Konzeption

Die 30 Musiknummern der „Nozze di Figaro“


Erster Akt

Nr. 1. Duettino (Figaro, Susanna): „Cinque… dieci… venti… trenta…“ – „Fünfe, Zehne, Zwanzig, Dreißig“ (Szene 1)
Nr. 2. Duettino (Figaro, Susanna): „Se a caso madama la notte ti chiama“ – „Sollt einstens die Gräfinn zur Nachtzeit dir schellen“ (Szene 1)
Nr. 3. Cavatine (Figaro): „Se vuol ballare Signor Contino“ – „Will einst das Gräflein ein Tänzchen wagen“ (Szene 2)
Nr. 4. Arie (Bartolo): „La vendetta, oh, la vendetta“ – „Süsse Rache, o süsse Rache! Du gewährest hohe Freuden“ (Szene 3)
Nr. 5. Duettino (Marcellina, Susanna): „Via, resti servita, Madama brillante“ – „Nur vorwärts, ich bitte, Sie Muster von Schönheit“ (Szene 4)
Nr. 6. Arie (Cherubino): „Non so più cosa son, cosa faccio“ – „Neue Freuden. Neue Schmerzen“ (Szene 5)
Nr. 7. Terzett (Graf, Basilio, Susanna): „Cosa sento! Tosto andate“ – „Wie? Was hör ich! Unverzüglich geh“ (Szene 7)
Nr. 8 und Nr. 9. Chor: „Giovani liete, fiori spargete“ – „Muntere Jugend, streue ihm Blumen!“ (Szene 8)
Nr. 10. Arie (Figaro): „Non più andrai, farfallone amoroso“ – „Dort vergiss leises Flehen, süsses Wimmern“ (Szene 8)

Zweiter Akt

Nr. 11. Cavatine (Gräfin): „Porgi, amor, qualche ristoro“ – „Heilge Quelle reiner Triebe“ (Szene 1)
Nr. 12. Arietta (Cherubino): „Voi che sapete che cosa è amor“ – „Ihr, die ihr Triebe des Herzens kennt“ (Szene 3)
Nr. 13. Arie (Susanna): „Venite… inginocchiatevi“ – „Komm näher, kniee hin vor mir“ (Szene 3)
Nr. 14. Terzett (Graf, Gräfin, Susanna): „Susanna, or via, sortite“ – „Nun, nun! wird’s bald geschehen? Susanne, komm heraus!“ (Szene 6)
Nr. 15. Duettino (Susanna, Cherubino): „Aprite, presto, aprite!“ – „Geschwind die Thür geöfnet!“ (Szene 7)
Nr. 16. Finale: „Esci, ormai, garzon malnato!“ – „Komm heraus, verworfner Knabe!“ (Szene 8)

Dritter Akt

Nr. 17. Duettino (Graf, Susanna): „Crudel! Perché finora farmi languir così?“ – „So lang hab ich geschmachtet“ (Szene 2)
Nr. 18. Rezitativ und Arie (Graf): „Hai già vinta la causa!“ – „Der Prozes schon gewonnen?“
„Vedrò, mentr’io sospiro“ – „Ich soll ein Glück entbehren“ (Szene 4)
Nr. 19. Sextett: „Riconosci in questo amplesso“ – „Lass mein liebes Kind dich nennen!“ (Szene 5)
Nr. 20. Rezitativ und Arie (Gräfin): „E Susanna non vien!“ – „Und Susanne kommt nicht?“
„Dove sono i bei momenti“ – „Nur zu flüchtig bist du verschwunden“ (Szene 8)
Nr. 21. Duettino (Gräfin, Susanna): „Che soave zeffiretto“ – „Wenn die sanften Abendlüfte“ (Szene 10)
Nr. 22. Chor: „Ricevete, o padroncina“ – „Gnädge Gräfinn, diese Rosen“ (Szene 11)
Nr. 23. Finale: „Ecco la marcia… andiamo“ – „Lasst uns marschiren! In Ordnung!“ (Szene 13)
Chor: „Amanti costanti, seguaci d’onor“ – „Ihr treuen Geliebten, mit Kränzen geschmückt“ (Szene 14)

Vierter Akt

Nr. 24. Cavatine (Barbarina): „L’ho perduta… me meschina!“ – „Unglückseelge, kleine Nadel“ (Szene 1)
Nr. 25. Arie (Marcellina): „Il capro e la capretta“ – „Es knüpfen auf den Fluren“ (Szene 4)*
Nr. 26. Arie (Basilio): „In quegli anni in cui val poco“ – „In den Jahren, wo die Stimme“ (Szene 7)*
Nr. 27. Rezitativ und Arie (Figaro): „Tutto è disposto“ – „Alles ist richtig“
„Aprite un po’ quegli occhi“ – „Ach! öfnet eure Augen“ (Szene 8)
Nr. 28. Rezitativ und Arie (Susanna): „Giunse alfin il momento“ – „Endlich naht sich die Stunde“
„Deh vieni non tardar, o gioia bella“ – „O säume länger nicht, geliebte Seele!“ (Szene 10)
Nr. 29. Finale: „Pian pianin le andrò più presso“ – „Still! nur still! ich will mich nähern“ (Szene 11)

Nr. 25 und 26 wurden wie meist üblich auch diesmal in Wien gestrichen.

Eine Oper als ständige Begleiterin

„Ich lebe schon eine lange Zeit mit dieser Oper“, erzählte Regisseur Kosky im Vorfeld der Premiere bei einer Matinee der Staatsoper im Gespräch mit Staatsopernchef Bogdan Roščić. Eigentlich sei der „Figaro“ eine Oper, die man alle zehn Jahre als Regisseur machen müsse. Die Genialität dieses Werks bestehe gerade in der Verzahnung von dramaturgischen und musikkompositorischen Elementen, ohne dass je eine Form von Langweile oder Durchhänger entstünde. „‚Nozze‘ ist ein Geschenk für einen Regisseur“, so Kosky, der wieder an seinen Leitsatz erinnert: „Man darf keine Angst haben, ein Lächeln in den Tränen zu finden und Tränen im Lächeln.“ Mozart fällte kein Urteil über die Charaktere, so der Regisseur, und fügt hinzu: „Er präsentiert die Welt als Mikrokosmos, der mehr über uns zu sagen hat als ein großes Drama.“ So wechselt er rasch vom Schmerzhaften zum Lachen: „‚Figaro‘ ist oft unerträglich, doch am Ende kommt diese wunderschöne Musik, die alles überwindet, und zugleich weiß man, dass es am nächsten Tag schon wieder ganz anders sein könnte“, so der Regisseur, der es gerade als die große Stärke des Stücks ansieht, dass man nie wisse, ob man sich gerade in einer Komödie oder in einer Tragödie befinde.

Dass Kosky, ehemals Chef der Komischen Oper in Berlin, die Operette liebe, ist gerade für die Umsetzung dieses Stücks auch richtungsweisend. Die Anlage des „Figaro“ verweist in gewisser Weise tief auf die soziale Welt der Operette: Alle Stände sind demnach in der Lage, die großen menschlichen Dramen mitzuerleben und damit auch mitzuspielen. Und so ist der „Figaro“ eben nicht ein Stück über die Heirat aus Liebe des neu aufkommenden Bürgertums, sondern eine Arbeit über die Emanzipation des Bürgertums hinauf, alle Fragen des Lebens auch auf der Bühne zu den eigenen Fragen erklären zu dürfen.Ö1 Beitrag zur Neuinszenierungzur Website

Dass das Stück, das 1786 auf dem Wiener Burgtheater uraufgeführt wurde und den Umweg des Prager Erfolgs brauchte, um sich auch hierzulande durchsetzen zu können, eine entschärfte Version von Beaumarchais sei, wollte schon der Opernkenner Ulrich Schreiber nie gelten lassen: In Mozarts Oper, so Schreiber, würden „keineswegs, wie lange behauptet, die politischen Implikationen des Schauspiels verdrängt, sondern in einer musikspezifischen Weise ausgesprochen“.

Gerald Heidegger (Text), ORF Topos, Florian Gebauer (Video)

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