Selenskyj und Duda zeigen Geschlossenheit
Die dritte Auslandsreise des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat ihn am Mittwoch nach Warschau geführt, wo er mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda zusammentraf. Bei seinem Besuch hat sich Selenskyj vor allem für die Hilfe Polens im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bedankt – und gleichzeitig von einer Zukunft mit offenen Grenzen zwischen Polen und der Ukraine gesprochen.Online seit heute, 16.25 UhrTeilen
Besonders in den ersten Tagen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hätten die grenznahen Orte in Polen „ihre Türen geöffnet, und es gab keine Grenzen zwischen uns“, sagte Selenskyj. Das sei der Anfang dafür, dass es in Zukunft keine Grenzen mehr zwischen den Nachbarländern geben werde.
„Keinerlei Grenzen in politischer, wirtschaftlicher und – besonders wichtig – in historischer Hinsicht“, betonte der 45-Jährige mit Blick auf die schwierige ukrainisch-polnische Vergangenheit. In weiterer Folge dankte Selenskyj Duda und den Polen für die gewährte Hilfe „auf dem schwierigen Weg zu unserem Sieg“. Ukrainische Flüchtlinge könnten sich dank der Menschen in Polen in ihrem Nachbarland „wie zu Hause fühlen“ und seien nicht nur Gäste.
Selenskyj sieht Polen auch als einen Schlüsselpartner, wenn es zu einem Wiederaufbau seines Landes nach Ende des russischen Angriffskriegs kommt, und lud daher polnische Firmen ein, bereits vor Ende des Kriegs in der Ukraine tätig zu werden, um ihre Positionen im Markt zu verbessern.

Polen mit meisten Kriegsflüchtlingen
Polen hat nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) rund 1,6 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der benachbarten Ukraine aufgenommen, so viele wie kein anderes Land der Welt. Ein Großteil der Unterstützung für die Geflüchteten wird dabei seit den ersten Kriegstagen von Bürgerinitiativen und Privatpersonen getragen.DEBATTEWie könnte das Ende des Ukraine-Krieges aussehen?
Das EU- und NATO-Land Polen macht sich außerdem immer wieder für westliche Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine stark. Bei der Frage der Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 setzte Polen die deutsche Bundesregierung lange unter Druck, diese willigte schließlich ein. Zudem hat Polen eine wichtige Funktion als logistische Drehscheibe für die militärische Unterstützung aus dem Westen.
Weitere Kampfflugzeuge für die Ukraine
Polen ist nach eigenen Angaben außerdem dazu bereit, sämtliche MiG-29-Kampfjets im eigenen Bestand an die Ukraine abzugeben. Warschau werde „in Zukunft in der Lage sein, seine gesamte MiG-Flotte“ aus etwa 30 Flugzeugen an Kiew zu übergeben, „sofern die NATO-Verbündeten zustimmen“, sagte Duda. Polen hat Kiew bereits acht seiner in der Sowjetunion hergestellten MiG-29-Jets geliefert.
Bisweilen würden weitere MiG-29 aber vorerst noch im Dienst der polnischen Streitkräfte bleiben, so Duda. Erst wenn sie sukzessive durch moderne Kampfjets ersetzt würden, die Polen bereits in Südkorea und den USA bestellt habe, könnten auch diese Maschinen der Ukraine überlassen werden. Neben Polen hat bereits die Slowakei vier MiG-29 an Kiew abgegeben.
TVP, 5.4.2023Selenskyj in Polen
Selenskyj: „Lage in Bachmut sehr, sehr schwer“
Bei seinem Besuch in Polen kam der ukrainische Präsident auch auf die ostukrainische Stadt Bachmut zu sprechen. Seiner Einschätzung nach sei die Lage dort „sehr, sehr schwer“. „Dort wird die größte Zahl verschiedener Waffen wie Artillerie eingesetzt“, sagte Selenskyj. Die Situation hinsichtlich verfügbarer Munition ändere sich täglich und die ukrainischen Truppen kämpften mit unterschiedlichem Erfolg.
„Doch wir befinden uns in Bachmut, und der Feind kontrolliert Bachmut nicht“, unterstrich Selenskyj. Er widersprach damit auch jüngsten Äußerungen aus Moskau. Der Chef der in Bachmut kämpfenden Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hatte behauptet, seine Einheiten hätten Bachmut „rechtlich“ eingenommen, weil sie das Gebäude der Stadtverwaltung kontrollierten. „Umso mehr Munition in die Ukraine gelangt, um so schneller werden wir die Lage nicht nur in Bachmut, sondern auf dem ganzen Territorium unseres Staates klären“, so Selenskyj.
Seit dem Spätsommer versuchen russische Truppen Bachmut im Gebiet Donezk einzunehmen. Der Großteil der Stadt und Teile des Zentrums stehen bereits unter russischer Kontrolle. Im Westteil der Stadt mit ehemals 70.000 Einwohnern leisten die ukrainischen Einheiten jedoch weiter hartnäckigen Widerstand. Russland ist vor mehr als 13 Monaten in die Ukraine einmarschiert.
Auszeichnung für Selenskyj
Am Rande des Besuchs verlieh Duda Selenskyj die höchste Auszeichnung des Landes, den Orden des Weißen Adlers. Er erhalte den Orden für seine Verdienste um die Vertiefung der polnisch-ukrainischen Beziehungen, seinen Einsatz für die Sicherheit sowie für die Verteidigung der Menschenrechte, sagte Duda in seiner Würdigung.

Dritte Auslandsreise seit Kriegsbeginn
Selenskyj ist seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 bisher nur sehr selten ins Ausland gereist. Im Februar hatte er London, Paris und Brüssel besucht. Die erste Reise hatte ihn im Dezember nach Polen und in die USA geführt.
red, ORF.at/Agenturen
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