51Die Kammerspiele zeigen „Was ihr wollt“ als Schwulen-Klamauk. Aber lachen kann man.vom 15.04.2022, 17:00 Uhr | Update: 19.05.2022, 12:43 Uhr

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Edwin BaumgartnerRedakteurMehr zu diesem Thema

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Die Kammerspiele würden ja selbst aus dem „Lear“ noch eine Posse machen. Wie muss das erst sein, wenn sie William Shakespeares von vorneherein possenhaftestes Stück „Was ihr wollt“ spielen?
Genau so ist es gekommen. Genau so, wie angenommen. Genau so, wie befürchtet.
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Shakespeare? – Ach was!
Theater
Was ihr wollt
Von William Shakespeare
Torsten Fischer (Regie)
Mit: Maria Bill, Claudius von Stolzmann, Martin Niedermair, Dominic Oley, Julian Valerio Rehrl u. a.
Kammerspiele
Wh.: 27., 28., 29. April
Lachen kann man da, zwar tief unter Niveau, aber doch.
Zur Shakespeare-Zeit standen nur Männer auf der Bühne? – Na bitte! Regisseur Torsten Fischer stellt auch (fast) nur Männer auf die Bühne. Der männlichste von allen, Martin Niedermair, gibt die Olivia. Rock ‘runter – Strapse gezeigt. Der Touch des Schwulen erzeugt eine Atmosphäre, als hätte eine Klasse von Pubertierenden den „Käfig voller Narren“ gesehen. Sebastian bleibt Sebastian, doch Viola mutiert zum Cesario: Julian Valerio Rehrl gibt sich dem angetunteten Orsino Claudius von Stolzmanns hin.
Da braucht‘s die rechte Übersetzung dazu: Fischer und Herbert Schäfer geben Zoten mit Zoten wieder, und wo der Schwan aus Stratford nicht selbst geschweinigelt hat, helfen sie nach.
Shakespeare? – Ach was!
Lachen kann man da.
Bunt ist die Unterhose
Im poetischsten Moment sagt Maria Bill, die einzige Frau, hier in der Männerrolle des Narren, naturgemäß, zumeist Tango-Chansons krähend, den Hamlet-Monolog auf. Kann sie’s nicht oder soll sie’s nicht können – das ist die Frage. Wenn sie ihre Tango-Songs zur melancholisch kratzenden Begleitung von Aliosha Biz, Nikolai Tunkowitsch und Krzysztof Dobrek krächzt, versprüht das wenigstens Es-war-einmal-Charme.https://fe172126bbfdd37f72914f82c1342f3e.safeframe.googlesyndication.com/safeframe/1-0-40/html/container.htmlWerbung
Robert Joseph Bartl stolpert als meist illuminierter Oliver Hardy über die Bühne, soll Sir Toby sein. Da fehlt auch der Doof zum Dick nicht und wird von Matthias Franz Stein verkörpert, soll der Sir Andrew sein. Beide sind glänzend. Alexander Strömer kriegt als hantige Maria vorprogrammierte Auftrittslacher. Markus Kofler (Antonio), Tamim Fattal (Kapitän), Lubiša Lupo Grujčić liefern weitere Beiträge zum irren Verwirrspiel und Dominic Oley kommt als Mavolio in gelben Socken und gelber Unterhose daher.
Shakespeare? – Ach was!
Lachen kann man da.
Unterhosenhumor auf taumelnden Schritt und schwofenden Tritt: Man greift sich und einander in den Schritt und klopft auf jeden Po, der sich zeigt. Ein Hut schnell aufgehängt am Gemächt (das ist hier weit vornehmer gesagt als auf der Bühne), Sir Andrew verliert die Hose, bunt ist, was sich darunter zeigt. Und wozu dient ein Geigenkasten, wenn nicht dazu, zwischen die Beine geklemmt zu werden?
Das Bühnenbild ohne Bühnenbild ist von Herbert Schäfer und Vasilis Triantafillopoulos, die auch die Kostüme wie aus den hintersten Regalen des Fundus geholt haben. Welches Kellertheater hat jüngst seine alten Sachen verkauft?
Ein Schülertheater, das in einen unverdauten Samuel-Beckett-Trip alles hineinpackt, was man in Dick-und-Doof-Filmen gesehen zu haben glaubt. Tänzchen in Elefanteneleganz, hinfallen, auf dem Boden kugeln, nachrennen, fragend schauen. Fehlt bloß die Tortenschlacht. Nur verliert der Klamottenhumor aus der untersten Schublade die deutlichen Anführungszeichen da und dort schon auch einmal.
Shakespeare? – Ach was!
Lachen kann man da.
Der Ulk versprüht freilich eine eigene Poesie wirrer Frische. Doch niemand hält diesen Zugriff zwei Stunden lang durch. Nachher erinnert man sich an ein Konvolut lustiger Szenen, nicht an ein Stück aus einem Stück.
Wie war das mit der Autorenfrage bei Shakespeare? – Ist alles von ihm? Von Marlowe? Am Ende gar von Elizabeth I.? Das ist hier geklärt. Shakespeare war eine Teamarbeit von Torsten Fischer, Herbert Schäfer und Vasilis Triantafillopoulos. Vom Stratforder stammen nur große Teile des Textes. Und was zählt schon ein Text in diesen Zeiten des Regietheaters?
Kann man da lachen?
QELLE : wienerzeitung.at