Premiere im Salzburger Landestheater: Die Fantasie wird gerettet
Das Salzburger Landestheater entführt sein Publikum auf eine wundersame Reise eines jugendlichen Retters, der neue Freunde findet.
Wie findet ein einsamer, ausgelachter, sich unverstanden fühlender Bub einen Ausweg? Viel mehr als einen Ausweg! Der deutsche Autor Michael Ende hat in seiner seit ihrem Erscheinen 1979 Furore machenden „Unendlichen Geschichte“ diesen Buben ins Reich der Fantasie geschickt. Diese Reise bringt das Salzburger Landestheater seit Samstag in der Theaterversion John von Düffels erstmals in Österreich auf die Bühne. Hier findet Bastian Freunde und Glück, hier wird er mutig und kämpferisch, und in Abenteuern erkennt er seine Aufgabe: Nur er vermag die Kindliche Kaiserin und folglich die Fantasie zu retten. So gewinnt er Selbstbewusstsein.

Anders als im Roman findet in Salzburg Aaron Röll als Bastian das wundersame Buch nicht bei einem Buchhändler, sondern im Theater auf zunächst leerer Bühne beim Souffleur, den Georg Clementi spielt. So kann Aaron Röll, auf den meist ein heimelig warmes Bühnenlicht fokussiert wird, im ersten Teil vorne an der Rampe verfolgen und kommentieren, was sich da in Phantásien abspielt. Dafür wird die funkelnagelneue Bühnentechnik ausgenützt: Irrlichter, Feuerregen, Blüten oder das per Minikamera aufgenommene Spiegelbild Bastians werden auf die Bühne projiziert. Einmal wird der Schall per Lautsprecher durchs Publikum gejagt. Leyla Bischoff als Bastians phantásischer Freund Atréju reitet auf einer Kranstange durch Himmel und sausende Wolken. Oft begleitet ihn Fuchur, der Glücksdrache, für den Martin Trippensee im Zottelfellkostüm eine riesige Maske trägt, sie zum Sprechen bringt und immer wieder apart rülpsen lässt.
Neun Schau- wie Puppenspieler werfen sich gut zwei Stunden in vielerlei Rollen, in lustigen bis schauderlichen Kostümen und Masken ins Zeug: von Rennschnecke und Werwolf bis zu Graógraman, dem Herrn der Farbenwüste.

Intendant Carl Philip von Maldeghem hat diese Kinder- und Jugendgeschichte inszeniert und lässt sie sinnigerweise im Hauptabendprogramm spielen, da sie politische Botschaften eröffnet: Ohne Fantasie, also ohne Literatur und ohne Theater, verkümmert der Mensch. Allerdings werden die märchenhaften Reiche voller Kampfesmut und mystisch allmächtigen Herrschern gefährlich, wenn man sich in ihnen verheddert und nicht in die Realität zurückfindet. Dass Heldenfantasien, die auf den Alltag überschwappen, Radikalisierung und Krieg befördern, ist im zweiten Teil zu erkennen, wenn Bastian vom anfänglichen Beobachter zum immer heldenhafter und folglich aggressiver werdenden Mitspieler wird.
Wie findet man aus der Fantasie zurück? Das ist schwierig, wie der Werwolf Bastian erklärt: „Geschöpfe Phantásiens werden in der Welt der Menschen zu Lügen.“ Bastian mag auch auf das Gefühl nicht verzichten, mächtiger und gefährlicher zu sein als alle Dämonen. Seine phantásischen Freunde versprechen ihm die Rettung dort, wo das Wasser des Lebens entspringt. Wenn er die Quelle der Tränen und die Grenze zurück ins Reale überschreitet, werden freilich alle Register der Regenmaschine gezogen.
Theater: „Die unendliche Geschichte“, Landestheater Sbg., bis 18. Mai.
QUELLE : https://www.sn.at/salzburg/kultur/die-unendliche-geschichte-premiere-im-salzburger-landestheater-die-fantasie-wird-gerettet-133595953